ERZHERZOG LUDWIG SALVATOR Der Prinz des Mittelmeeres

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Hobarttown, die Hauptstadt von Tasmanien

Druck und Verlag:   Heinrich Mercy, Prag
Erschienen:                1886

Gr. Quart. 285 Seiten Text, 23 Vollbild-Holzschnitttafeln (incl. 1 gefalt. Panorama),
6 Textholzschnitt-Illustrationen u. 1 Karte.

Anlässlich seines Aufenthaltes in Australien zur Besichtigung der Weltausstellung in Melbourne bereiste Ludwig Salvator die im Süden Australiens gelegene Insel Tasmanien und deren Hauptstadt Hobarttown. In nur drei Wochen entstand dabei eine außergewöhnliche Monografie.


Aus der Biografie Leo Woerls mit Originalzitaten:

Es ist eine stets wiederkehrende Erscheinung, dass bei neuen Ansiedlungen, in dem Masse, je älter sie werden, das Bedürfnis nach Erholung, die Sucht nach dem Genusse um so lebhafter zur Geltung kommt. Die Kolonie ist nicht mehr die öde, verlassene Gegend, in welcher man nur Geld zu gewinnen trachtete und sich der Hoffnung hingab, den erworbenen Wohlstand eines Tages in behaglicher Ruhe in der alten Heimat geniessen zu können; man hat sie vielmehr immer mehr lieben und schätzen gelernt, sie ist zu einem zweiten Vaterlande geworden, in dem man zwar nicht geboren ist, wo man aber leben und geniessen will. Diese Erscheinung ist vielleicht nirgends in so starkem Grade zu Tage getreten wie in Australien, wo die kolonisierten Gegenden einen noch fabelhafteren Aufschwung genommen haben als in Amerika. Jetzt empfindet der Australier keine Sehnsucht mehr nach dem alten Europa, er sehnt sich im Gegenteil, wenn er hier verweilt, nach seinem sonnigen Kontinente. Bei allen Hauptstädten Australiens entstehen, wie durch Zauberkraft, wahrlich fürstliche Residenzen, Landhäuser inmitten üppiger Gärten, lachende Cottages am Meeresstrande und an den Hügelabhängen. Alle Bequemlichkeiten des Luxus, aller Komfort der eignen Behausung sind jedoch dem reichgewordenen und unabhängigen Eigentümer nicht mehr genügend. Die Sommerfrische muss, wie in Europa, Abwechslung bieten, sie muss die Ausruhezeit sein während der warmen Monate und fürwahr, die heissen Nordwinde geben genügend Veranlassung dazu. Diesem Bedürfnis entspricht wie kein anderer Platz Tasmanien, welches namentlich von Melbourne und Adelaide noch leichter erreichbar ist als das Sydneysche Hochgebirge, und vorzüglich aus ersterer Stadt in den heissen Sommermonaten ganze Menschenmengen nach sich zieht.

In wenigen Stunden von Melbourne erreichbar, bietet Tasmanien und namentlich Hobarttown, dank seiner südlichen Lage, seiner äusserst gesunden Luft, der reichen Waldungen und dem belebten Meeresstrande, einen frischen, kräftigenden Sommeraufenthalt Die gesegnete Insel ist bereits jetzt das grosse „Summer resort“ der Antipoden und berufen, es von Tag zu Tag immer mehr zu werden.

Diesen Worten der Einleitung hat der erzherzogliche Autor noch angefügt:

„Vielleicht trägt das Büchlein dazu bei, die Aufmerksamkeit der Auswanderer dahin zu lenken, wo es ihnen gegönnt ist, sich ein friedliches und angenehmes Heim zu schaffen. Ich hielt es für angezeigt, dieser Hauptstadt Tasmaniens und ihrer Umgebung einiges über die allgemeinen Verhältnisse der Insel vorauszuschicken, um einerseits das Verständnis der Gegend klarer zu machen, anderseits darzuthun, was man dort suchen und finden kann.

Tasmanien, die Garteninsel, auch die Insel der Schönheit genannt, liegt etwa 120 Meilen südlich vom australischen Kontinente, von dem sie durch eine Meerenge getrennt ist; sie misst von Norden nach Süden etwa 170 Meilen, von Osten nach Westen 160 Meilen. Zu ihr gehören zahlreiche kleine Inseln, welche in geringer Entfernung von der Küste gelegen sind. Man kann sagen, dass Tasmanien, zwei Hauptgebirgszüge besitzt, welche getrennt sind durch die flacheren Zentralgegenden. Die östliche Kette, welche 40 Meilen von der Küste entfernt ist, hat eine durchschnittliche Höhe von 3750 Fuss, die westliche Kette besteht aus einem erhöhten Tafelland in einer mittleren Höhe von 3000 Fuss. Die Insel hat drei Halbinseln an der Ostküste, welche, gleich der Nordküste, am meisten eingeschnitten ist, während die gerade Westküste felsiger und wilder erscheint. Sie hat eine Reihe vortrefflicher Häfen, ist gut bewässert und hat viele Flüsse und Seen, die hauptsächlich die ersteren speisen. Der zweite Abschnitt behandelt die Geschichte Tasmaniens, die Entdeckung der Insel im Jahre 1642 bis zu ihrer Besitzergreifung durch die Engländer 1804, welche die erste Ansiedlung Hobart und Hobarttown nannten. Die Ansiedlung prosperierte im allgemeinen. Schon im Jahre 1808 kam eine grosse Zahl englischer Gefangener aus Norfolk Island an, gründete Pithwer und New Norfolk, wodurch sich die Bevölkerung verdoppelte, bald traf das erste Schiff mit freien Einwanderern ein. Freie Landkonzessionen, das Borgen von Vieh und Samen, dann die billige Arbeitskraft im Überfluss veranlassten viele zu dem Entschlusse, sich in Tasmanien niederzulassen.

Zu Anfang des Jahres 1824 lebten die Kolonisten noch im Abhängigkeitsverhältnisse, aber schon im Dezember des folgenden Jahres wurden sie zur unabhängigen Kolonie unter einem Gouverneur erhoben. Das Land nahm nun einen gewaltigen Aufschwung. Die Einwohnerzahl, durch Einwanderer verstärkt, wuchs rasch, Handel und Wandel blühten auf. Wie ganz Australien, so hörte auch Tasmanien 1853 auf, eine Strafkolonie zu sein. Im Jahre 1857 wurde die erste Telegraphenleitung in Hobart eröffnet und die Gasbeleuchtung in der Stadt eingeführt, 1871 die erste Eisenbahn dem Verkehr übergeben.

Über das Klima schreibt Erzherzog Ludwig Salvator im dritten Abschnitte, dass kaum ein besseres auf Erden zu finden ist. Der Winter mild wie an der Riviera, der Sommer, dank der vorherrschenden Südwinde, fast so kühl wie in England, die Nächte stets von labender Kühle; dazu der reine Himmel, die sonnige, durchsichtige Atmosphäre, die schöne Landschaft und die grossartigen Ausblicke auf den Stillen Ozean, der häufig von dem schönsten Blau ist, sodass er in dieser Beziehung mit dem Mittelmeere rivalisieren könnte. Durch acht Monate des Jahres kann man, namentlich des Morgens, auf klares Wetter rechnen. Alle diese Verhältnisse müssen notwendigerweise auf die Gesundheit günstig wirken.

Die folgenden Kapitel behandeln geologische Verhältnisse, dann Mineralien, Pflanzen und Tiere auf Tasmanien.

Das siebente Kapitel ist besonders interessant; es giebt eingehenden Aufschluss über die vollständig ausgestorbenen, eingeborenen Tasmanier. Mit Cyklonenkraft hat die Einwanderung der Weissen die Bevölkerung verdrängt. Der Verzweiflungskrieg, den dieselbe um ihre Existenz führte, war es indessen nicht allein, was sie einer raschen Vernichtung entgegenführte, sondern, nachdem man ihnen ihre besten Gründe genommen und ihre Jagden vernichtet hatte, verkamen sie allmählich und das Gift europäischer Laster, Ausschweifung und Trunksucht, trug nicht wenig dazu bei. Diese Erscheinung kann man noch heutzutage in Nordamerika bei den Indianern, auf Neuseeland bei den Maoris, und auf dem australischen Kontinente bei den Negritos beobachten, und dies geschah auch seiner Zeit bei den Tasmaniern. Die Kenntnisse über jenen Volksstamm, soweit sie noch vorhanden sind, hat der hohe Verfasser zu einem anschaulichen Bilde verwertet, in welchem er die früheren Eingeborenen in ihrer Lebensweise, ihren Sitten und Gewohnheiten schildert.
An Stelle der schwarzen Bevölkerung ist nun die zahlreiche Weisse getreten. Dieselbe betrug nach der Statistik im Jahre 1881 115 705 Personen.

Die beigegebenen statistischen Tabellen geben Aufschluss über Altersverhältnis, Geburtsorte, Eheverhältnisse, Nationalität, Geburten, Todesfälle, Heiraten, Ein- und Auswanderung und Kriminalstatistik.

Aus letzterer resultiert sich die erfreuliche Thatsache, dass die Bevölkerung Tasmaniens in Bezug auf moralische Eigenschaften jetzt sehr streng ist, eine Erscheinung, die man bei einem Volke, welches zum Teil von den ehemaligen deportierten Sträflingen abstammt, kaum ahnen möchte.

Der vorherrschende Zug ist eine gewisse Behaglichkeit. Man findet nicht jene hastende mit Dampf arbeitende Thätigkeit wie in anderen Kolonien, dafür giebt es aber hier mehr innere Zufriedenheit. Die Häuser sind nach englischer Manier gebaut und die Sitten haben den englischen Charakter mehr bewahrt, als jede andere australische Kolonie. Auch sind allenthalben zumeist englische Namen in Verwendung. Die Bildung ist eine ziemlich grosse und allgemeine, überall werden öffentliche Schulen errichtet.

Der Ackerbau bildet, wie uns ein ausführliches Kapitel belehrt, den Haupterwerbszweig Tasmaniens und nimmt von Jahr zu Jahr an Bedeutung und Entwicklung zu. Die Einnahmen sind gut, da Boden und Klima günstig sind. Nicht bloss in Bezug auf die Quantität, sondern auch bezüglich der Qualität bietet das Getreide Tasmaniens alles, was ein Farmer nur wünschen kann. Eingefügte statistische Tabellen geben genauen Aufschluss über Kulturland, Ernten, Ertrag derselben, landwirtschaftliche Maschinen etc.

Dem Kapitel Viehzucht entnehmen wir, dass dieselbe ebenfalls sehr erträgnisreich ist, vorzüglich die Aufzucht edler Schafe, Rinder, Pferde, Schweine u.s.w., welche stets grosser Nachfrage in anderen Kolonien begegnen, wie die statistischen Tabellen beweisen. Die Schafe bilden das Hauptkontingent und es genüge die Thatsache, dass Tasmanien im Jahre 1878 8 029 808 Pfd. Wolle im Werte von 472 781 Pfd. Sterling ausführte. Besonders günstig ist das Klima für die Entwicklung der Pferde, für welche die Tasmanier, als echte Nachkommen der Engländer, eine grosse Vorliebe haben. Das Hornvieh lebt meist in einem halb verwilderten Zustande; es wird gewöhnlich bloss einmal im Jahre durch Hirten zu Pferde zusammengetrieben, um die Kälber auszusuchen und zu brennen. Die Kühe sind daher wild und schwer zu melken.

Bei der Besprechung von Industrie und Handel fällt es auf, dass der Export den Import nur um verhältnismässig Weniges übersteigt; diese Erscheinung wird erklärt aus der Vorliebe der Kolonisten für die in ihrer Kolonie selbst erzeugten Gegenstände, wodurch der heimische Verbrauch ein hoher ist.

Infolge seiner Lage ist die Schiffahrt für Tasmanien von besonderer Wichtigkeit. Zumeist sind es englische und Kolonialschiffe, die den Verkehr mit den australischen Kolonien vermitteln. Die grösste Verkehrsziffer (145 Schiffe im Jahre 1881) weist der Hafen von Hobart auf. Die Post nach Europa verkehrt alle 14 Tage über die Overland-Route via Melbourne.
Eisenbahnen und Telegraphenleitungen durchziehen das ganze Land, gute Strassen führen nach allen Richtungen.

Im weiteren Verlaufe des Werkes werden die Einnahmen und Ausgaben, Banken, Wohlthätigkeitsanstalten, Gesellschaften ziffernmässig genau dargestellt, die Regierung erwähnt und den Schluss des allgemeinen Teiles bildet: „Ein Kapitel für Auswanderer, Vergangenheit und Gegenwart“, in welchem der hohe Verfasser seine diesbezügliche Erfahrung und Ratschläge niederlegt. Es würde uns zu weit führen, den interessanten Stoff, wie er es verdiente, eingehender zu zitieren, wir müssen uns begnügen, einige Stellen daraus zu entnehmen.

Erzherzog Ludwig Salvator schreibt:
„Wie viele Leute können sich dort durch Auswanderung eine glückliche unabhängige Lage schaffen Für den britischen Farmer mit geringem Kapital und grosser Familie, für den Halbsold-Offizier, für den kranken oder geschwächten Anglo-Inder kann man keinen geeigneteren Platz finden. Die Ähnlichkeit mit dem Mutterlande, die gleichen Sitten sowie die englischen Namen der Counties heimeln ihn an. Thatsächlich giebt es viele solche Familien in Tasmanien und wenn man bei ihnen auch nicht grosse Reichtümer antrifft, so findet man im allgemeinen Bequemlichkeit und Überfluss.“

Über die Grösse der Löhne und Preise der Nahrungsmittel und Waren, des Ackerbodens und der Bodenzinse geben die statistischen Tabellen den sich dafür Interessierenden genauen Aufschluss. Der hohe Verfasser fügt noch einen wohlgemeinten Rat an, indem er zum Schlusse spricht: „Will der Auswanderer sich nicht der Agrikultur oder Viehzucht widmen, so bleibe er lieber zu Hause. Hat er aber etwas Kapital, und Lust und Liebe zum Landleben, dann frisch hinaus nach dem glücklichen Tasmanien.“

Die Stadt Hobarttown oder Hobart, wie es legal genannt wird, ist Sitz der Regierung und die Hauptstadt Tasmaniens, sie zählt 21118 Einwohner. Das Zentrum der Stadt bildet der hübsche Franklins Square, ein mit schattigen Bäumen und Bosquets bepflanzter Platz mit Ruhebänken. Zu den grösseren Gebäuden gehören die Commercialbank, das Parlamentsgebäude, und das Rathaus. Die meisten eleganten Häuser sind aus Stein aufgeführt, die übrigen sind klein, viele mit Vortreppen und aus Holz erbaut und der weitaus grösste Teil aller Häuser ist mit Schindeln gedeckt.

Hobarttown besitzt neben den beiden Kathedralen, der katholischen und episkopalen, nicht weniger als 31 Kirchen und Kapellen, 62 Privatschulen und 7 öffentliche Schulen, ein Theater und ein sehenswertes Museum vaterländischer Produkte und Erzeugnisse. Ein Überblick über die ganz Stadt, wie sie sich sanft anlehnt an die doppelte Mulde, in der Mitte von der katholischen Kirche überragt, dann der ganze Hafen mit seinen Buchten, der ein schönes Bild darbietet, weiter die andere Anhöhe der Stadt, von der englischen Kirche überragt, endlich als Hintergrund die Hügel mit bewaldeten Gipfeln, und bebauten Abhängen: Dieser Anblick gewährt eine Vorstellung von der Lieblichkeit der Uferscenerie und von der vortrefflichen Lage der Stadt. Hobarttown verfügt über eine bedeutende Dockausdehnung, welche eine grosse Bequemlichkeit zum Auf- und Abladen sowie zum Ausbessern der Schiffe bietet. Der Hafen von Hobarttown ist einer der schönsten auf der Welt. Gegen alle Winde geschützt und leicht zugänglich, ist er, dank seiner Tiefe, imstande, ganze Flotten der grössten Schiffe dicht bei den Magazinen aufzunehmen.

Wie in anderen australischen Kolonien, so zeigt sich auch hier die besondere Vorliebe für Wasserfahrten, sie bilden das Hauptvergnügen des Sonntagnachmittags, wozu allerdings der herrliche Hafen mit seinen Einbuchtungen vortrefflich Gelegenheit bietet. Ein Zeichen dieser Vorliebe sind auch die verschiedenen Rudervereine und Regatta-Gesellschaften. Einer grossen Beliebtheit erfreuen sich die Pferderennen und das Criquetspiel, für das jeder echte Engländer eine Vorliebe hat.

Die vielen genussreichen näheren und ferneren Ausflüge, die man von Hobart aus an alle schönen Punkte der Insel ausführen kann, sind in verlockender Weise geschildert. Die beste Gelegenheit, die Wunder Tasmaniens kennen zu lernen, bieten die Ausflugsdampfer, welche von Hobart nach Port Arthur verkehren.

„Gegen Osten von Port Arthur springt der schöne, sehr hohe Cape Pillar vor, mit seinen kerzengeraden, feenhaften Basaltsäulen und eine halbe Meile davon entfernt Tasman Island, ebenso phantastisch wie jener in ihrer Formation. Grossartig über alle Massen ist der Blick auf diesen engen Kanal, durch welchen, dank seiner Tiefe, grosse Schiffe fahren können. Eine Phantasmagorie von Basaltsäulen, wie sie die lebhafteste Phantasie nicht erfinden könnte. Das Allergrossartigste aber ist die Südspitze von Tasman Insel, wo die Basaltmassen die Formen von Eisbergen annehmen. In diesen Anblick versunken, wollen wir dem schönen Hobarttown noch ein herzliches Lebewohl zurufen.“